Cloud Computing klingt im ersten Moment nach einem Paradies: Bezahle nur, was du brauchst, und skaliere nach Belieben. Doch viele Unternehmen erleben nach der Migration in die Cloud einen Kostenschock. Warum? Weil Cloud-Kosten anders funktionieren als klassische IT-Ausgaben – und ohne Transparenz oder Steuerung schnell aus dem Ruder laufen können.
In diesem Beitrag schauen wir uns an:
- Wie Cloud-Anbieter ihre Dienste abrechnen
- Warum „Pay-as-you-go“ Fluch und Segen zugleich ist
- Welche Kostenfallen es gibt
- Und wie du gezielt sparen kannst
Wie funktioniert Cloud-Abrechnung?
Cloud-Anbieter rechnen verbrauchsorientiert ab. Das heißt: Du zahlst nur für die Ressourcen, die du nutzt – und auch nur so lange, wie du sie nutzt. Dieses Modell nennt man:
Pay-as-you-go
→ Keine Fixkosten, sondern nutzungsabhängige Abrechnung.
Beispiele:
- Virtuelle Maschine (IaaS): Abrechnung pro Stunde oder Sekunde (z. B. 0,04 €/Stunde)
- Speicher (S3, Blob Storage): Abrechnung pro gespeichertes GB pro Monat
- API-Aufrufe oder Transaktionen: z. B. 1 Million Aufrufe für 0,20 €
- Datenübertragung (Outbound Traffic): Meist separat berechnet!
Kostenarten im Überblick
1. Compute-Kosten
Virtuelle Maschinen, Container, Serverless-Funktionen – meist nach Laufzeit, CPU/RAM-Größe und ggf. Nutzung (bei Serverless) abgerechnet.
2. Storage-Kosten
Objektspeicher, Block Storage, Datenbanken – abhängig von:
- Größe (in GB)
- Zugriffsfrequenz (Standard, Infrequent Access, Archive)
- Dauer der Speicherung
3. Datenverkehr (Egress)
Ein- und ausgehender Netzwerkverkehr – insbesondere Daten aus der Cloud hinaus (Egress) ist oft teuer! Hier lauern viele Überraschungen.
4. Managed Services
Datenbanken, Load Balancer, Monitoring, etc. – meist pauschal oder gemischt abgerechnet (Größe + Laufzeit + Transaktionen).
5. Lizenzen & Zusatzleistungen
- Windows- oder SQL-Server-Lizenzen
- Supportverträge
- Premium-Dienste (z. B. höherer SLA, dedizierte IPs)
Typische Kostenfallen
Auch wenn Cloud fair abrechnet – die Realität zeigt: Viele zahlen mehr als nötig, weil sie diese Punkte unterschätzen:
1. Nicht abgeschaltete Ressourcen
Beispiel: Eine VM läuft rund um die Uhr, obwohl sie nur zu Testzwecken gebraucht wurde → 24/7-Kosten
2. Unnötiger Speicherverbrauch
- Alte Snapshots oder Backups
- Unverlinkte Objekte (z. B. in S3-Buckets)
- Nicht genutzte Volumes (z. B. nach Löschen einer VM)
3. Hohe Egress-Kosten
Daten aus der Cloud zu einem anderen Ort senden (z. B. CDN, Kunden-Download, andere Cloud) kann teuer werden – z. B.:
- AWS: 0,09 €–0,15 €/GB nach außen
4. Automatisch skalierende Dienste
Auto-Scaling ist praktisch – kann aber teuer werden, wenn es nicht begrenzt wird:
- Beispiel: Ein Bug erzeugt 100.000 Serverless-Funktionen → Du zahlst für alle Ausführungen
5. Falsche Storage-Klasse
Viele speichern alles im Standard-Speicher – auch Daten, die nie abgerufen werden. Hier wäre ein Archiv-Speicher (z. B. AWS Glacier, Azure Archive) deutlich günstiger.
Wie kann man Cloud-Kosten kontrollieren?
1. Tags und Namenskonventionen verwenden
- Vergib klare Namen wie
dev-api-eu-vm1
oderproject-x-db-prod
- Nutze Tags für Kostenstellen, Teams, Umgebungen (
env=dev
,team=marketing
) → So lassen sich die Kosten zuordnen
2. Budget-Alarme und Warnungen einrichten
- Alle großen Anbieter bieten Budgetfunktionen:
- AWS: Budgets + Cost Explorer
- Azure: Kostenanalyse + Warnregeln
- GCP: Budgets & Alerts
3. Unnötige Ressourcen automatisch terminieren
- Dev- oder Testressourcen mit Lifecycle-Regeln versehen
- Z. B. VMs automatisch nachts abschalten oder nach x Tagen löschen
4. Nutzung regelmäßig analysieren
- Cloud-native Tools nutzen (z. B. AWS Cost Explorer, Azure Advisor)
- Drittlösungen wie:
- CloudCheckr, Spot.io, Finout, Cast AI
- Open Source: Infracost (für Terraform)
5. Optimierte Instanztypen & Storage-Klassen wählen
- Beispiel: Statt einer teuren „General Purpose“-VM tut es vielleicht ein „Burstable Instance Type“ (z. B. AWS T4g)
- Oder statt „Standard Storage“ → „Infrequent Access“ (bis zu 70 % günstiger)
Bonus: Sparpotenziale gezielt nutzen
1. Reserved Instances / Commitments
- Bei regelmäßiger Nutzung kannst du mit 1- oder 3-Jahresbindung bis zu 60 % sparen
- Gibt’s bei AWS (RI), Azure (Reserved VM Instances), GCP (Committed Use Discounts)
2. Spot Instances / Preemptible VMs
- Nutze überschüssige Kapazität der Anbieter mit massivem Rabatt (bis 90 %)
- Achtung: Kann jederzeit beendet werden – nur für nicht-kritische Jobs geeignet (z. B. Batch-Verarbeitung)
3. Free Tiers & Startguthaben
- AWS, Azure & GCP bieten dauerhaft kostenlose Kontingente (z. B. 1 Mio Lambda-Aufrufe/Monat)
- GCP: 300 $ Startguthaben, AWS: Free Tier für 12 Monate
- Viele kleinere Anbieter (z. B. Akamai/Linode, Hetzner) sind generell günstiger
Beispiel: 1 Web-App in der Cloud – was kostet das?
Komponente | Dienst | Typische Kosten/Monat |
---|---|---|
1 VM (2 vCPU, 4 GB RAM) | AWS EC2 / GCP / Hetzner | 20–40 € |
Datenbank (PostgreSQL) | Managed DB | 15–50 € |
Speicher (Bilder etc.) | S3 / Cloud Storage | 5–15 € |
Traffic | 100 GB Egress | 10–20 € |
Gesamt | 50–125 € (je nach Anbieter) |
Tipp: Mit DigitalOcean, Akamai oder Hetzner bekommst du das Gleiche oft für die Hälfte – bei weniger „Enterprisefunktionen“, aber mehr Preisstabilität.
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